Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen

Bildnachweis: Kantinengebäude mit PV-Fassade der Bosch Thermotechnik in Wetzlar / Gladis Architekten Frankfurt

BIPV | Building-integrated Photovoltaics

Entwurfsstrategien zur Integration von Photovoltaikanlagen

Ausgangssituation

Die meisten Photovoltaikanlagen im Bereich von Gebäuden werden nach Fertigstellung des Gebäudes appliziert. In der Konzeptphase des architektonischen Entwurfes wirken technische Anlagen zur Gewinnung von Energie häufig als hinderlich und werden nachträglich auf hierfür verwendbaren Flächen angesiedelt. Die vermeintlich nicht genutzten Flächen auf dem Dach oder die fensterlose Fassade stellen so den Freiraum für technoide Geräte, die eine eigene ästhetische Definition besitzen und in der Regel monofunktional sind.

ArchitektInnen haben dadurch kaum gestalterische Möglichkeiten, um ein Gebäude mit einer Photovoltaikanlage auszustatten, ohne große konzeptionelle Kompromisse eingehen zu müssen. Das Potential einer integrierten Planung wird nur ansatzweise ausgeschöpft oder gar nicht abgerufen. Durch additive Vorgehensweisen werden wirtschaftliche und gestalterische Anforderungen an das architektonische Element der Fassade nur unzureichend berücksichtigt.

In Verbindung mit der Integration in die Architektur und der Interaktion mit anderen Funktionen, kann das Photovoltaikelement ästhetische, energetische und wirtschaftliche Perspektiven erweitern.

Zielsetzung

Das angestrebte Forschungsvorhaben soll einen Beitrag zur Integration von PV-Anlagen(BIPV) schon in den frühen Phasen des Entwurfsprozesses leisten. Ziel ist es, die Entwurfsstrategien so zu gestalten, dass energieerzeugende Elemente von vornherein eingeplant werden und so Einfluss auf die ästhetische Erscheinung und auf die Wechselwirkungen mit anderen Funktionen haben, um den architektonischen Entwurf zu stärken und die Wirtschaftlichkeit von Bauwerken zu erhöhen.

Dazu sollen die Anforderungen an ein Modulsystem von Gebäudehüllen- und Fassadenbauelementen ermittelt werden, das zum einen den ArchitektInnen zuverlässige Konstruktionsgrundlagen bereitstellt, ohne dabei die gestalterische Kreativität einzuschränken. Zum anderen sollen Randbedingungen der industriellen Fertigung berücksichtigt werden und die technischen Potentiale umfassend genutzt werden.

Im Entwurfsprozess ist zunächst an drei Vorgehensweisen gedacht:

  • Baukastenmethode
  • Adaptionsmethode
  • Evolutionäre Prozesse

Entwurfsprozesse

Für ein Baukastensystem werden Konstruktionselemente (Module) benötigt, die geometrisch kompatibel sind und in der Zusammensetzung möglichst vielfältige Formen annehmen können. Mit einem entsprechend zu entwickelnden CAD-Toolsollte man die Konstruktionen „Stein auf Stein“ zusammensetzen können.

Beim adaptiven Verfahren wird zunächst mit den üblichen Mitteln eine Form entworfen. Anschließend soll mit Hilfe von computergesteuerten Optimierungsmethoden eine Regressionsfläche erzeugt werden, die sich aus den Modulbausteinen zusammensetzt und die Ausgangsform möglichst genau abbildet.

Evolutionäre Prozesse (auch Wachstumsmethoden) können die vorgegebenen funktionalen und räumlichen Randbedingungen sowie die geometrischen und konstruktiven Eigenschaften der Module aufeinander abstimmen und gegenseitig beeinflussen. Grundstücksgröße, Raumprogramm, Erschließung etc. sind Eingangsparameter für evolutionäre Algorithmen, welche automatisiert Gebäudestrukturen generieren, die durch vorgegebene Bauelemente, wie beispielsweise die zu entwickelnden PV-Modulelemente, realisiert werden können.

Auf der Seite der Modul- und Konstruktionsentwicklung ergeben sich die folgenden Problemstellungen:

  • Neue Formen von PV-Elementen (nichtrechteckige Grundrisse, gewölbte Strukturen)
  • Integration der technischen Anlagen (Kabelführungen, Optimizer etc.)
  • Nutzung der Abwärme, passive Kühlung der PV-Elemente
  • Tragfähige Unterkonstruktion (Serienfertigung, Systembausteine, Montage)

Technologien

Auf der Basis der bewährten Photovoltaik-Technologien soll geprüft werden, wie die Konstruktionen weiterentwickelt werden können, um den Zielvorgaben aus dem Entwurfsstudien zu entsprechen. (neue Geometrien, Freiformen etc.) Es sollen Versuchskonstruktionen für das Modulsystem erstellt werden, deren Montageeignung und Funktion an Forschungsgebäuden geprüft werden. Aus der Evaluation dieser Konstruktionen werden Vorgehensweisen für die industrielle Fertigung abgeleitet.

Gestalterische Vielfalt und Multifunktionalität

Die gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV) zielt darauf ab, die PV-Elemente so weiter zu entwickeln, dass sie mit möglichst vielen Funktionen ausgestattet werden (z.B. Wärmedämmung, Temperierung, Abschattung, selbsttragende Konstruktion, Design). Die technische Ausführung sollte dabei mit so wenig Aufwand wie möglich aber so viel Multifunktionalität wie nötig ausgestattet sein. Das Diagramm stellt das Spannungsfeld aus Multifunktionalität, Gebäudeintegration und Strukturform da.

Wirtschaftlich interessant sind komplexe Konstruktionen dann, wenn entweder die Einsatzmöglichkeiten vielfältig sind oder wenn es um eine attraktive Neuentwicklung geht, die zwar aufwändig, aber wegen ihrer technischen Überlegenheit besonders leistungsfähig ist. Die zu entwickelnden Elemente sollten also in allen drei Dimensionen hohen Qualitätsansprüchen genügen. Aus Sicht der Architektur ist anzustreben, die Formen und Strukturen der PV-Elemente so zu erweitern, dass dem Entwerfer ein möglichst großzügiger Gestaltungsspielraum eingeräumt werden kann. Die Planungstools (Baukasten, Evolutionsalgorithmen) sollen dazu beitragen, dass diese Gestaltungsspielräume erkannt und genutzt werden. Die Möglichkeit, hochwertige Gebäude mit perfekt designten PV-Elementen auszustatten und damit hohe gestalterische Ansprüche zu realisieren, wird dazu führen, dass Architektinnen und Architekten sich intensiver mit der BIPV auseinandersetzen werden.

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